Die Haupterbkrankheiten des Aussie

Aussie-Erbkrankheiten

Das schmutzige Dutzend und noch ein paar andere: Häufigkeit von Erbkrankheiten beim Australian Shepherd
veröffentlicht im Australian Shepherd Jahrbuch (2000)

von C.A. Sharp Übersetzung von Silke Sandberg

Auch wenn der Australian Shepherd im allgemeinen eine gesunde Rasse ist, sind ihm Erbkrankheiten nicht fremd. Das Vorkommen dieser Erkrankungen hat während der letzten 20 Jahre zugenommen. In Dr. George Pagetts aktuellem Buch “Control of Canine Genetic Diseases” werden für den Aussie mehr als 40 verschiedene Krankheiten aufgeführt, die in der Literatur erwähnt werden. Das ist gar nicht so schlecht, wie es sich anhört, in Anbetracht der Tatsache, dass mehrere davon sehr selten sind. Trotzdem sollten diese grob 40 aufgelisteten Krankheiten als Warnung dienen. Es braucht nur einen populären Deckrüden um den Einzelfall von heute zum genetischen Albtraum von morgen werden zu lassen.

Um gut geplante Verpaarungen durchführen zu können, müssen Züchter wissen, welche Krankheiten die Gesundheit am stärksten beeinträchtigen und welche Krankheitsgene die höchste Häufigkeit innerhalb der Population aufweisen. Klinisch erkrankte Hunde sind nur die Spitze des Eisberges einer Erbkrankheit. Manche Krankheiten, wie z.B. Katarakte und Epilepsie, können erst spät ausbrechen; der Status eines Hundes wird möglicherweise nicht erkannt bis er mehrere Jahre alt ist. Andere wie Autoimmunerkrankungen haben eine erbliche Komponente, trotzdem werden nicht alle, die das Gen tragen, auch erkranken. In Abhängigkeit von der Art der Vererbung wird es einen bestimmten Prozentsatz von Trägern geben – normale Hunde, die niemals Anzeichen einer Erkrankung aufweisen werden, die aber betroffene Nachkommen hervor bringen.

Es ist schwierig bis unmöglich, die genauen Prozentsätze von Träger zu betroffenen Individuen für eine bestimmte Krankheit oder einen Defekt zu bestimmen aufgrund folgender Faktoren oder deren Kombination:
1. Komplizierte oder unbekannte Art der Vererbung
2. keine Test, um Träger zu bestimmen
3. Keine offiziellen Berichterstatter oder Registrierungsstelle für Krankheiten
4. Verfälschte Statistiken aufgrund einer geringen Anzahl von Daten oder des nicht Meldens von erkrankten Individuen
5. Halter, die die Züchter nicht informieren und Züchter, die vertuschen oder abstreiten.

Weiter unten wurden Krankheiten als häufig, üblich, gelegentlich oder selten klassifiziert. Häufig bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass die meisten Aussies eine dieser Krankheiten bekommen, sondern das dies die am häufigsten auftretenden Krankheiten sind. Z.B. Katarakte sind ganz einfach das häufigste erbliche Problem der Rasse, aber nur etwa 4% der Aussies in den Daten von 1998 und 1999 der Canine Eye Research Foundation (CERF) waren davon betroffen.

Die Einteilung, die hier verwendet wird, ist die gewissenhafte Schätzung der Autorin, basierend auf dem fast 2 Jahrzehnte dauernden Sammeln von Informationen über Erbkrankheiten beim Aussie. Bestimmte Krankheiten wurden bewertet und klassifiziert, basierend sowohl auf ihren Kenntnissen und Experimenten als auch auf den Daten, die bei aktuellen Gesundheitsumfragen gesammelt wurden, die Dr. Leos Kral von der West Georgia State University und vom Australian Club of America durchgeführt wurden. Zusätzlich wurden Daten der CERF, der tiermedizinischen Datensammlung und der Studie zur Lebenerwartung von Rassen, die von Dr. John Armstrong von der Univeristät von Ottawa durchgeführt wurde, ausgewertet und bei der Schätzung der relativen Häufigkeit der Auftretens berücksichtigt.

Die geannten häufigen und weit verbreiteten Probleme bilden das „schmutzige Dutzend“ beim Australian Shepherd, aber es gibt eine Vielzahl an weniger häufig beobachteten, derer sich Züchter bewusst sein sollten. Die als gelegentlich oder selten aufgelisteten Probleme sollten immer noch als ernst behandelt werden, auf wenn sie nicht häufig vorkommen. Man sollte sich bemühen, ihre Zunahme zu verhindern.



Häufige Probleme

Häufige Probleme:
Hüftdysplasie und Augenkrankheiten werden schon seit langem als die häufigsten Probleme beim Australian Shepherd angesehen. HD und die zwei häufigsten Augendefekte (Katarakt und Iriskolobom) sind berechtigterweise so klassifiziert, ebenso wie ein paar wenige andere Krankheiten und Defekte.

Katarakte (1) Katarakte (z.b. Hereditäre Katarakt - HSF4) sind eindeutig die am weitesten verbreiteten der ...

Zahnfehler (2) Zahnfehler, (Fehlstellung der Gebisses und fehlende Zähne) kommen nach Katarakten an zweiter ...

Autoimmunerkrankungen (3) Autoimmunerkrankungen. Diese Klasse von Krankheiten sind in den letzten Jahrzehnten beim Auss...

Hüftdysplasie (HD) (4) Hüftdysplasie wurde erstmals in den frühen 1970ern beim Aussie festgestellt. Trotz der Tatsac...

Epilepsie (5) Epilepsie ist wahrscheinlich die erschreckendeste Krankheit, der ein Aussie-Züchter oder Halt...

Iriskolobom (6) Iriskolobom ist der am zweithäufigsten beobachtete Augendefekt. Betroffene Hunde werden mit e...

Allergien (7) Allergien. Eine beträchtliche Anzahl von Aussie-Besitzern klagen über Allergien bei ihren Hun...

Krebs (8) Krebs war in Armstrongs Studie zur Langlebigkeit von Rassen die am häufigsten festgestellte n...

MDR1-Defekt Der MDR1-Defekt ist ein Defekt im MDR1-Gen, der bei einigen Hunderassen verbreitet ist. Dadurch k...

phtvl/phpv persistierende hyperplastische Tunica vasculosa lentis - persistierender hyperplastischer primÄr...

Weit verbreitete Probleme

Weit verbreitete Probleme
Obwohl sie nicht so oft beobachtet werden wie die „häufigen“ Probleme, treten die folgenden doch noch mit unangenehmer Regelmäßigkeit auf.
Die persistierende Pupillarmembran, Distichiasis, Kryptorchismus, Collie Eye Anomaly

Persistierende Pupillarmembran (PPM) (9) Die Persistent Pupillary Membranes (PPM) wird manchmal bemerkt, wenn junge Hunde untersucht ...

Distichiasis (10) Distichiasis, ie Anwesenheit von anormalen Augenwimpern, die in Richtung Auge wachsen, ist ...

Kryptorchismus (11) Kryptorchismus Die Autorin war überrascht, bei der letzten Gesundheitsumfrage zu entdecken, ...

Collie Eye Anomaly (12) Collie Eye Anomaly hat in der Häufigkeit ihres Auftretens in den letzten Jahrzehnten abgenom...

RD (Retina Dysplasie) Die Retinadysplasie ist eine Fehlentwicklung in der Netzhaut, welche schon im Welpenalter zu sehe...

Progressive Retina Atrophie (PRA) Die generalisierte Progressive Retina Atrophie (PRA) (gPRA, bezeichnet ein fortschreitendes Abste...

Gelegentliche Probleme

Gelegentliche Probleme

Persistierender Ductus arteriosus
ist ein potentiell tödlicher Herzdefekt. Als erstes Anzeichen wird üblicherweise ein Herzgeräusch festgestellt. Allerdings sind nicht alle Herzgeräusche PDAs. Als das am häufigsten berichtete der weniger weit verbreiteten Probleme verdient der PDA eine sorgfältige Beachtung des Züchters. Falls ein Welpe ein Herzgeräusch aufweist, das länger als bis zu einem Alter von 4 Monaten fortbesteht, sollten genauere Untersuchungen gemacht werden, um die Ursache des Herzgeräusches zu bestimmen. Manche Hunde mit PDA können durch eine Operation geheilt werden und ein paar wenige leben ein relativ normales Leben ganz ohne Behandlung. Die Krankheit ist wahrscheinlich polygen.

Osteochondrosis dissecans (OCD) tritt auf, wenn ein Stöckchen Knorpel innerhalb eines Gelenkes anreißt oder abbricht und dann Schmerzen verursacht. Bei Hunden kommt das am häufigsten am Schulter- und am Ellenbogengelenk vor. Wenn das am Ellenbogen auftritt, wird es als eine Form der Ellenbogendysplasie betrachtet. Schnelles Wachstum, schwere Knochen oder große Körpergröße sind wahrscheinlich Risikofaktoren. Rottweiler und Berner Sennenhunde zum Beispiel leiden häufig an OCD. Betroffene Aussie findet man üblicherweise am größeren, starkknochigeren Ende des Spektrum der Rasse. Allerdings sind der Autorin Aussies mit OCD bekannt, die weder schwer noch starkknochig waren. Die Art der Vererbung ist unbekannt.

Korneadystrophie Eine Überprüfung der CERF-Statistiken von 1998/99 zeigte zur Überraschung der Autorin, dass diese Erkrankung bei etwa 1 von 200 Hunden gemeldet wurde. Sie hat das Potenzial, die Sehkraft des Hundes ernsthaft zu beeinträchtigen. Die Art der Vererbung ist nicht bekannt. Sie kann unabhängig von weiteren Faktoren ererbt sein oder als Sekundärerkrankung bei Schilddrüsenerkrankungen auftreten, die bei der Rasse nicht selten sind. Die Autorin nimmt an, dass zumindest einige der Fälle bei Aussies in Wirklichkeit auf eine Thyroiditis zurück zu führen sind und empfiehlt, dass betroffenen Hunde auf ihre Schilddrüsenfunktion untersucht werden.

Patellar Dystrophie wird häufig als eine Krankheit der Zwergrassen betrachtet. Allerdings sind größere Rassen, einschließlich dem Aussie, auch davon betroffen. Sie kann an einem oder beiden Hinterbeinen auftreten.Die Art der Vererbung ist unbekannt.

Seltene Probleme

Seltene Probleme
Obwohl sie selten vorkommen, werden die folgenden aufgeführt, weil jedes von ihnen in mehreren Fällen aufgetreten ist.

Protosystemischer Shunt ist ein Defekt der Leber, der schwere bis tödliche Gesundheitsprobleme verursacht. Die Art der Vererbung ist unbekannt.

Pelger-Huet Anomalie ist eine Todesursache ungeborener oder neugeborener Welpen. Da es sich um unvollständige Dominanz handelt, wird jeder Welpe, der zwei Kopien des Gens erbt, nicht überleben, Hunde mit nur einer Kopie sind meist fast gesund. Träger können durch Blutaustriche identifiziert werden und sollten nicht miteinander verpaart werden. Nachkommen von Trägern sollten untersucht werden, um ihren Status zu bestimmen. Ist aus einer Verpaarung ein Nicht-Überträger von ähnlicher Qualität vorhanden, sollte der bei Verpaarungen seinem Träger-Geschwister vorgezogen werden.

von-Willebrandt Krankheit ist eine Blutkrankheit ähnlich der Hömophilie. Die Art der Vererbung bei Aussies ist unbekannt. vWD kann als Sekundärerkrankung von Schliddrüsenerkrankungen auftreten. Jeder Hund, der positiv für vWD diagnostiziert wurde, sollte auf seine Schilddrüsenfunktion hin untersucht werden.

Ellenbogendysplasie (ED) hat in den letzten Jahren bei Aussiezüchtern zunehmende Beachtung gefunden. Wenn ein Hund dauerhafte oder immer wieder auftretende Lahmheit der vorderen Extremitäten ohne erkenntlichen Grund zeigt, sollte er auf Ellenbogendysplasie untersucht werden. Jeder Hund, der mit einem an Ellenbogendysplasie erkrankten Hund nah verwandt ist, sollte routinemäßig auf Ellenbogendysplasie untersucht werden. Art der Vererbung ist unbekannt.

Wut-Syndrom ist eine neurologische Erkrankung. Der daran erkrankte Hund attackiert plötzlich ohne Warnung oder ohne jedes Anzeichen in seinem Verhalten jemanden oder etwas in seiner Nähe. Die Vorfälle erinnern an eine Art Krampfanfall. Wegen der extremen Gefährlichkeit solcher Hunde und dem Fehlen einer effektiven Behandlung ist Euthanasie die einzige vernünftige Möglichkeit. Die Art der Vererbung ist unbekannt.

Hömophilie A und B kommen hin und wieder beim Aussie vor. Beide Formen werden X-chromosomal vererbt, so dass das Gen fast immer von der Hündin geerbt wird. Daran erkrankte Rüden können es weite rvererben, wenn mit ihnen gezüchtet wird. Nicht erkrankte Rüden sind keine Überträger des Gens.

Muskeldystrophie ist eine weitere x-chromosomal vererbte Krankheit, die bei Aussies beobachtet wird, und wird auf dieselbe Art vererbt wie Hömophilie

Strategien

Strategien
Jeder Züchter, der für längere Zeit aktiv ist, wird Erbkrankheiten begegnen. Wenn dies geschieht, ist das Schlimmste, was passieren kann, dass er das ignoriert oder vertuscht. Einfache Ehrlichkeit würde in großem Umfang die Häufigkeit der meisten Erbkrankheiten verringern. Allerdings sind diese Personen häufig aufgrund ihrer Offenheit den Angriffen und Anfeindungen derjenigen ausgesetzt, die ihre Zucht durch die Informationen gefährdet sehen. Die dunkle Seite der menschlichen Natur ist oft schwieriger zu heilen als jede Erbkrankheit. Ein Züchter mit ethischen Grundsätzen muss die wütenden Angriffe ertragen, wenn er jeden möglichen Schritt unternimmt, der notwendig ist, um weiteren Schaden für seine Zucht und die Rasse als Ganzem zu begrenzen.

Wenn eine Erbkrankheit diagnostiziert wurde, sollte der betroffene Hund aus der Zucht genommen werden. Aussies sind eine sehr populäre Rasse. Viele nicht betroffene Tiere sind verfügbar, so dass kein Grund besteht, mit einem Hund zu züchten, der bekanntermaßen an einer Erbkrankheit leidet.

Ist eine Krankheit lebensbedrohlich oder stellt eine lebenlange, gesundheitliche Beeinträchtigung dar und ist zudem noch selten, sollten schärfste Maßnahmen ergriffen werden, um alle möglichen Überträger auszuschalten, damit ihre Verbreitung verhindert wird. Eine „Politik der verbrannten Erde“ in Bezug auf Krankheiten, die häufiger vorkommen, kann durch das gleichzeitige Entfernen von zu vielen Hunden aus der Zuchtpopulation einen schädlichen Effekt haben. Bei den häufigeren Krankheiten sollten Verwandte ersten Grades (Eltern, Nachkommen und Geschwister) von der Zucht ausgeschlossen werden und bei der Zuchtplanung mit weiteren Verwandten mit extremer Sorgfalt vorgegangen werden.

Ist die Beeinträchtingung der Gesundheit mäßig oder gering und es ist möglich, Überträger zu identifizieren, sollten bekannte Träger niemals miteinander verpaart werden. Nicht-Träger sollten bevorzugt werden. Besteht keine Möglichkeit den Träger-Status sicher zu bestimmen, sollten Individuen, die mehrfach erkrankte Nachkommen hervorgebracht haben – besonders wenn diese mit verschiedenen und/oder nicht verwandten Deckpartner gezeugt wurden -, als Überträger betrachtet werden und von der weiteren Zucht ausgeschlossen werden.

Schlussfolgerung

Schlussfolgerung
Erbkrankheiten sind ein zunehmendes Problem beim Australian Shepherd, aber das muss nicht so bleiben. Unternehmen Züchter bewusste Anstrengungen das Vorkommen von Krankheiten zu vermindern, indem sie die verfügbaren Tests anwenden, Datensammelstellen nutzen, erkrankte Hunde von der Zucht ausschließen und, was am wichtigsten ist, offen und ehrlich miteinander umgehen, gibt es keinen Grund, warum unsere Rasse in den kommenden Jahrzehnten nicht weiterhin bei guter Gesundheit sein sollte.

Quelle: Australian Shepherd Health & Genetics Institute


Aussie Genetics Fact Sheet: Das Vorkommen erblicher Erkrankungen beim Australian Shepherd
von C.A. Sharp
Uebersetzung von Silke Sandberg

Es kann schwierig sein, an Statistiken von Hunderassen zu kommen, weil ein Teil der Züchter sich dagegen sträubt, ihr Wissen mit anderen zu teilen. Die Statistiken von CERF (Sammelstelle für Augenauswertungen in den USA, Anm. S.Sandberg) sollten normalerweise das Vorkommen von Augenkrankheiten widerspiegeln, da die untersuchenden Tierärzte angehalten sind, alle Auswertungsbögen einzuschicken und nicht wie bei den OFA-Auswertungen den Hundehaltern zu überlassen. Über andere Erkrankungen ist sehr wenig verfügbar, weil die Daten in keiner grösseren Sammlung oder Registrierstelle aufbewahrt werden.

Folgendes sind nach dem Empfinden der Autorin die häufigsten Probleme in der Reihenfolge der Häufigkeit:

Katarakte - unbekannt, möglicherweise mehr als ein Typus
Epilepsie - unbekannt
Zahnfehler - polygen Autoimmunerkankungen - erbliche Prädisposition
Hüftdysplasie - polygen mit Umweltfaktoren
Iriskolobom - unbekannt, aber meist bei merle-farbenen
Allergien - polygen (?) mit Umwelteinflüssen
Krebs
Persitierende Pupillarmembran - unbekannt
Distiachis - unbekannt
nicht abgestiegene Hoden - polygen
CEA (Collie Eye Anomality) - autosomal rezessiv